Neapolitanische Weine von Meisterhand

Vini Napoletani dal Maestro

Man reibt sich verwundert die Augen. Wie ist es möglich, in nur einer halben Stunde von Neapel nach Versailles zu gelangen? Aber nein, dieses prächtige Schloss mit seinem weitläufigen Park, befindet sich in Caserta und steht dem berühmten französischen Pendant in nichts nach. Aus gutem Grunde, die Bourbonen, die hier residierten, wollten ihren französischen Verwandten in nichts nachzustehen. Nicht in der herrschaftlichen Residenz, nicht in der Produktion hochwertiger Stoffe und natürlich nicht beim Wein, der hier am Fuße des Vesuvs angebaut wurde. Bourbonen, Textilien und Wein – von hier ist es nur ein kleiner Schritt zur Familie Alois.

Die Seidenstoffe und Wandteppiche, die die Familie in ihrer Textilfabrik handwerklich produzierten wurden in allen europäischen Adelshäusern geschätzt und finden sich noch heute im Vatikan, im Louvre und sogar im Weißen Haus. Erst Michele Alois, der Vater von Massimo, widmete sich in den 1990er Jahren voll und ganz dem Weinbau. Denn gemeinsam mit der Universität Florenz und dem Agrarministerium begab er sich auf die Suche nach autochthonen Rebsorten, die nach der Reblauskrise und den beiden Weltkriegen fast vergessen waren. Sie wurden in den abgelegensten Höhenlagen fündig, und so erlebten heimische Sorten wie Pallagrello Bianco, Pallagrello Nero und Casavecchia hier ihre verdiente Wiederbelebung.

Die Begeisterung seines Vaters für diese einheimischen Rebsorten und vor allem auch ihre perfekte Anpassung an das hiesige Terroir übertrug sich auch auf seinen Sohn Massimo.

Massimos Leidenschaft für das Terroir führte ihn in die bedeutendsten Weinregionen Europas. Ausgestattet mit einem Ziplock-Beutel und einem Messer, entnahm er Bodenproben und legte eine beeindruckende Sammlung an. „Ich möchte verstehen, was den Boden und die Reben in den verschiedenen Regionen ausmacht“, erklärt er - überraschend in perfektem Deutsch. „Ich wollte die deutschen Philosophen im Original lesen“, erwidert er auf Nachfrage lächelnd. Seine Neugier und Energie sind ansteckend.

Seine Weine sind gradlinig, keine Peoplepleaser. "Unser Ziel ist es, die Identität des Terroirs in jeder Flasche zu bewahren", erklärt Massimo Alois. "Wir setzen bewusst auf große italienische Holzfässer anstelle von neuen Eichenfässern, um die Frische und Authentizität unserer Weine zu erhalten." Die weißen Sorten wie Falanghina und Fiano präsentieren sich mineralisch und frisch und erinnern an die Weißweine des Burgunds, während sich die roten Sorten wie Pallagrello Nero und Casavecchia durch ihre kräftigen Tannine und komplexen Aromen auszeichnen.

Ein Besuch bei Alois ist mehr als eine Weinverkostung – es ist eine Reise durch die Zeit und ein Eintauchen in die Seele des neapolitanischen Weinbaus. Seine Weine sind nicht nur Ausdruck seiner Kunstfertigkeit, sondern auch der gelebten Geschichte seiner Familie und ihrer tiefen Wurzeln am Fuße des Vesuvs. Jede Flasche beweist, dass Tradition und Fortschritt Hand in Hand gehen können, wenn sie von einem Visionär wie Massimo Alois geleitet werden.

- Konstantin Pechtl